Direkt neben der großen Ben Youssef Moschee, mitten in den Souks der Medina von Marrakesch, liegt die Koubba der Almoraviden.
Wer auf der Suche nach der Medersa Ben Youssef, der sehenswerten alten Koranschule, durch die Medina von Marrakesch läuft, stolpert eventuell zufällig über das kleine Monument und fragt sich, was ist denn das für ein schmuckes Gebäude?
Unser Artikel über die Koubba der Almoraviden gibt Ihnen ein paar Hintergrundinformationen und verrät, für wen sich ein Besuch dieses Baudenkmals lohnt.
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Was ist die Koubba der Almoraviden?
Der kleine Kuppelbau war das Zentrum einer weitläufigen Brunnenanlage und diente der nahegelegenen Moschee wohl als ritueller Waschplatz.
Die Koubba liegt direkt vor dem Eingang der großen Ben Youssef Moschee und in unmittelbarer Nähe des Musée de Marrakech und der Medersa Ben Youssef. Dieser Bereich, das Viertel Ben Youssef, ist das religiöse Zentrum des alten Marrakeschs und das älteste Viertel der Stadt.
Eine Koubba bedeutet nichts anderes als Kuppel – die deutsche Bezeichnung Kuppel ist vom arabischen Qubba hergeleitet. Mit dem Wort Koubba werden auch markante Gebäude bezeichnet, die von einer Kuppel überdacht werden. Oft wird der Begriff für Grabmale oder Heiligenschreine gebraucht.
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Die Koubba der Almoraviden heißt offiziell Koubba al-Baadiyn und wird manchmal auch Kubbah, Qoubba oder Qubba geschrieben.
Ab und zu wird das Gebäude auch Dôme des Almoravides genannt, was einfach der französische Name für die Koubba ist. Auf deutsch taucht daher auch der Name Almoravidendom für die Koubba auf.
Neben der Koubba lag eine ausgedehnte Anlage mit Zisternen, unterirdischen Kanälen, gefassten Quellen und Latrinen.
Gespeist wurde das Wassersystem durch Quellen, Regenwasser und unterirdische Wasserleitungen aus den Bergen.
Wir sehen heute nur noch die Koubba, aber die Quellen und die Wasserversorgungs-Anlagen waren früher die wichtigsten Elemente dieses Ortes, während die Koubba nur ergänzenden Charakter hatte.
Die Geschichte der Koubba der Almoraviden
Die Dynastie der Almoraviden beherrschte im 12. Jh ein großes Reich, das von Spanien über Marokko bis zum heutigen Senegal reichte. Ursprünglich waren die Almoraviden Berber aus dem Hohen Atlas, die ihren Herrschaftsbereich aber schnell ausdehnten.
1062 n. Chr. gründete der Almoraviden-Herrscher Youssef Ben Tachfin angeblich die Stadt Marrakesch, um für den profitablen Karawanenhandel einen Umschlagplatz zu haben und seine Macht mit einer neuen Hauptstadt zu zementieren.
Schon 40 Jahre später war die Stadt so rasant gewachsen, dass sein Sohn Ali Ben Youssef mit einem ausgeklügelten System das Wasserversorgungsproblem der Stadt löste, indem er das Wasser aus dem Hohen Atlas in unterirdischen Kanälen bis in die Stadt brachte.
Während sein Vater die Stadt gegründet hatte, sorgte Ali Ben Youssef für den Ausbau Marrakeschs zu einem urbanen Zentrum. Er ließ die erste Ben Youssef Moschee mit angegliederter Koranschule und weitere wichtige Monumente bauen. Eine Inschrift weist ihn auch als Erbauer der Koubba aus. Leider wurden große Teile der Inschrift, wahrscheinlich von nachfolgenden Herrschern, zerstört und können uns nichts mehr über das Gebäude erzählen.
Das anmutige Gebäude stand im Zentrum der Brunnenanlage für die Ben Youssef Moschee und wurde anscheinend für die vom Koran vorgeschriebenen Waschungen vor dem Gebet genutzt. Allerdings stehen dieser Theorie 2 Fakten entgegen: Warum sollte das Brunnenbecken 15 Jahre vor der Moschee gebaut werden und warum war es so weit entfernt von der Moschee?
Manche Historiker gehen daher davon aus, dass die Koubba auch religiösen Zwecken und als Mausoleum diente, dies ist allerdings nicht belegt.
Ca. 1120 war der kleine Bau fertiggestellt und daraufhin jahrhundertelang in Betrieb.
Im Laufe der Zeit wurden die Strukturen mehrfach restauriert, bis sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit gerieten.
Unglücklicherweise gibt es keine schriftlichen Überlieferungen, so dass wir nur sehr wenig über die Geschichte der ganzen Anlage wissen.
1948 wurde die Koubba bei Ausgrabungsarbeiten durch die französischen Wissenschaftler J. Meunier und H. Terrasse wiederentdeckt, sie war komplett unter Schutt begraben und ein absoluter Zufallsfund. Die Wissenschaftler waren sofort von ihrem guten Zustand begeistert, ohne im ersten Moment zu wissen, was sie tatsächlich gefunden hatten.
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Die Architektur der Koubba
Das Gebäude hat nur eine Grundfläche von 5,40 m x 7,30 m, insgesamt also knapp 40 Quadratmeter. Die Koubba ist fast 12 m hoch, allerdings sieht man von der Straße im ersten Moment nur das obere Drittel, daher kommt sie einem recht klein vor.
Die Koubba liegt auffallend viel niedriger als die umliegende Bebauung
Die gesamte Anlage nutzte den natürlichen Wasserdruck, und so war es notwendig, auch die Koubba auf das Niveau der Wasserbecken zu bringen.
Die Archäologen gehen allerdings davon aus, dass die Bauten zur Zeit ihrer Errichtung auf gleicher Höhe wie die Umgebung standen.
Im Laufe der Jahrhunderte ist der Boden der Stadt durch Schutt und Abfall immer weiter nach oben gewachsen.
Der Grundriss beruht, wie so oft in der maurischen Architektur, auf geometrischen Verhältnissen, um die Proportionen harmonisch zu gestalten – sehr eindrücklich in diesem Bericht über die Architektur der Koubba erläutert.
Der Bau ist sozusagen zweigeschossig – im Erdgeschoss liegt der Waschtrog, im Obergeschoss befindet sich die Kuppel. Das Gebäude ist aus Ziegelsteinen und Steinen erbaut und zum größten Teil glatt verputzt.
Die Koubba ist nach allen Seiten sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss durch Durchgänge und Fenster geöffnet, die keine Türen oder Fensterflügel enthalten.
Das Gebäude ruht auf den Eckpfeilern, die die massive Kuppel tragen.
Die Öffnungen sind in der Form von Hufeisenbögen ausgebildet, die der Koubba das orientalische Aussehen verleihen.
Die Fassade ist durch diverse Vor- und Rücksprünge und aufgesetzte Bänder gegliedert, die aber alle nicht verziert sind.
Im unteren Bereich ist der Bau viereckig und bleibt es auch bis zum oberen Kranz, hinter dem die Kuppel aufragt. Im oberen Bereich geht der viereckige Grundriss zuerst in ein Quadrat über, dann in eine achteckige Innenkuppel.
Der Erbauer der Koubba hat in Hinblick auf den Übergang eines rechteckigen Gebäudes in eine achteckige Kuppel ein wahres Meisterwerk vollbracht.
Obwohl das Gebäude von aussen sehr schlicht wirkt, ist die Innenkuppel üppig verziert und kunstvoll ausgeführt.
Bei den Restaurierungsarbeiten hat man Reste von roter Bemalung im Inneren gefunden und wiederhergestellt.
Damit erhält der Innenraum einen ganz anderen Stil, als das schlichte Äußere vermuten lässt. Ich frage mich allerdings, ob nur die Bereiche, die heute rot akzentuiert sind, farbig waren, oder ob vielleicht das gesamte Innere farbig gestaltet war?
Da der Innenraum sehr klein ist, lässt er sich nur schwierig fotografieren. Die Bilder täuschen eine Größe vor, die vor Ort nicht vorhanden ist.
Die Innenkuppel ruht auf 8 sogenannten Pendentifs – Eckzwickel, die die viereckige Form des Erdgeschosses in die achteckige Form der Kuppel übergehen lassen.
Die Kuppel selbst ist reich mit Blattranken, floralen Elementen und Muschelformen verziert und endet in einer achteckigen Abschluss-Rosette. Die Verzierungen sind, wie üblich in Marokko, aus Stuck geschnitten und vor Ort hergestellt.
Im Gegensatz dazu ist die äußere Kuppelschale mit geometrischen Rippenstrukturen verziert, die dem schlichten Aussehen der Koubba einen verspielten Charakter verleihen. Interessanterweise hat der Stern, der die Kuppel aussen krönt, sieben Zacken und spiegelt nicht den achteckigen Aufbau im Inneren wieder.
Der ganze Komplex war von einer Mauer umgeben, die im Zuge von Renovierungsarbeiten 1999 entfernt und durch das jetzige Gitter ersetzt wurde.
Daher hat man heute einen recht guten Blick von der Straße auf das Monument, den man früher so nicht hatte.
Die kunstgeschichtliche Bedeutung der Koubba
Aus der Frühzeit des Islam sind in Marokko nicht mehr viele Bauten erhalten. In Marrakesch ist die Koubba das einzige Bauwerk aus der Zeit der Almoraviden.
Meist wurde diese Art von Kuppelbau für religiöse Zwecke genutzt, vielfach für Heiligengräber oder Schreine und daher nicht für die weltliche Nutzung durch die Öffentlichkeit vorgesehen.
Seltenheitswert hat daher der offene Grundriss, der bei Grabanlagen, Heiligenschreinen und anderen Kuppelbauten nicht üblich ist.
Der Stil der Koubba ist typisch für die Zeit der Almoraviden und findet sich auch in Andalusien in Gebäuden aus der Zeit der maurischen Herrscher wieder.
Trotz des Alters von über 900 Jahren finde ich den Stil recht modern und stringent. Der Kontrast des schlichten Äusseren und opulenten Inneren ist faszinierend.
Die Handwerkskunst der Almoraviden hat die islamische Kunst, aber auch die spanische Architektur nachhaltig beeinflußt.
Die Koubba ist eines der ältesten erhaltenen Beispiele für den maurischen Stil.
Der Verwendung von Blattranken und Muscheln als Dekorationselement hatte jahrhundertelang Bestand in der Formensprache des maurischen Stils.
Auch wenn die Koubba recht klein anmutet, war der Fund eines intakten Gebäudes aus der Almoraviden-Zeit eine Sensation und ist kulturgeschichtlich bedeutsam.
Die Anlagen zur Wasserversorgung
Die Koubba steht im Zentrum eines Komplexes, der der Wasserversorgung von Marrakesch und vor allem der nahegelegenen Moschee diente.
Hier liegt auch eine der wenigen Quellen, die Marrakesch seit alters her mit Wasser versorgen.
Die Gesamtanlage beinhaltete auch Latrinen und weitere Vorrichtungen, die für die Wasserversorgung benötigt wurden.
Die Latrinen werfen allerdings die Frage auf, ob sie tatsächlich in dieser Funktion genutzt wurden, denn man hat bei der Ausgrabung keine Abwasserkanalisation gefunden.
Im Zuge des Rundgangs kann man auch einen Blick in eine der Zisternen werfen, was aber eher unspektakulär ist. Die Fassung der Quelle ist nur noch in Ruinen erhalten.
Bemerkenswert war das System, das das Wasser aus den Bergen in unterirdischen Kanälen, den sog. Khettaras, bis nach Marrakesch gebracht hat. Das Wassersystem der Koubba war an die Khettaras angeschlossen und hat somit seinen Wasservorrat in den Zisternen aus der Quelle, Regenwasser und über die Kanäle gespeist.
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Lohnt sich eine Besichtigung der Koubba der Almoraviden?
Ja – für Geschichtsliebhaber und Kunsthistoriker sicherlich, ebenso wie für jemanden, der sich für alte Baukunst interessiert. Ich als Architektin kann hier gut und gerne ein oder zwei Stunden verbringen und die Schönheit des Gebäudes bewundern.
Ich finde, wenn man etwas über die Geschichte und Bedeutung eines Gebäudes weiss, wird ein Besuch viel interessanter. Insofern hoffe ich, dass für den ein oder anderen Interessierten der Besuch der Koubba mit meinen Ausführungen viel informativer und kurzweiliger wird.
Ich weiss aber auch, dass für viele Leute solche alten Gemäuer eher uninteressant sind: Für diejenigen langt der kostenfreie Blick von jenseits des Gitterzauns.
Und ganz ehrlich – warum kostet die kleine, recht schlichte Koubba 100 Dirhams Eintritt und die grandiose Medersa Ben Youssef mit ihrer atemberaubenden Detailvielfalt nur 50 Dirhams?
Natürlich unterstützt man mit seinem Eintrittsgeld den Erhalt der alten Bauten, aber viele Gäste sind doch ziemlich irritiert über den Preisunterschied.
Der einzige Vorteil eines eintrittspflichtigen Besuchs ist der Blick in die schöne Kuppel im Inneren der Koubba. Ansonsten sieht man von ausserhalb des Zauns fast genauso viel wie von innerhalb.
Von daher: es langt durchaus, sich die Koubba von der Strasse aus anzusehen, ein wenig über die Geschichte nachzulesen und sich gedanklich in alte Zeiten zurück zu versetzen.
Wer noch mehr von vergangenen Zeiten träumen möchte: Unser Blogartikel über die bedeutsamsten historischen Monumente von Marrakesch stellt viele weitere Sehenswürdigkeiten vor.
Die Koubba ist das einzige erhaltene Gebäude aus der Zeit der Almoraviden in Marrakesch!
Koubba der Almoraviden Info
75 Derb Souk Cheria, Marrakech 40000, Marokko
Die Koubba ist täglich geöffnet von 9 – 17 Uhr. Der Eintritt kostet 100 Dirhams.
Während des Ramadans gelten eventuell andere Öffnungszeiten.
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